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Leitfaden zur Erstellung einer Finanzprognose

28 Nov 25
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28 Nov 25by Anna-Christin Wundsam
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So planst du deine Finanzprognose: Schritt für Schritt erklärt

Du hast eine Geschäftsidee? Du hast den Markt, das Angebot und die Nachfrage analysiert und bist überzeugt, dass dein Projekt machbar ist?

Bevor du deine Idee wirklich auf den Weg bringst und dein Unternehmen gründest, bleibt noch ein letzter Schritt: die Zahlen. Genauer gesagt: die oft gefürchtete Finanzprognose. Diese vorausschauende, wenn auch anspruchsvolle Analyse ist unverzichtbar, um herauszufinden, ob deine Idee tatsächlich tragfähig, rentabel und nachhaltig ist.

In diesem Leitfaden findest du alles, was du über Finanzprognosen wissen musst: wann du sie erstellen solltest, welche Tabellen dazugehören und welche Tools dir die Arbeit erleichtern.

 

Finanzprognose: Das Wichtigste auf einen Blick

 

➡️ Die 5 zentralen Bestandteile:

  1. Gewinn- und Verlustrechnung – zeigt, ob dein Unternehmen unter dem Strich rentabel ist.

  2. Finanzierungsplan – klärt, wie viel Kapital du benötigst und aus welchen Quellen es kommen soll.

  3. Betriebskapitalbedarf – berücksichtigt Liquiditätslücken, die durch Zahlungsziele und laufende Kosten entstehen.

  4. Cashflow-Prognose – zeigt, ob du jederzeit zahlungsfähig bleibst und keine Engpässe drohen.

  5. Bilanzprognose – stellt gegenüber, welches Vermögen dein Unternehmen besitzt und welche Schulden dagegenstehen.

Was ist eine Finanzprognose?

Definition

Eine Finanzprognose besteht aus mehreren Tabellen, die die voraussichtliche finanzielle Entwicklung deines Unternehmens – ob neu gegründet oder übernommen – in der Regel über einen Zeitraum von drei Jahren abbilden.

Dieses Dokument wird häufig von Banken, Investoren und anderen Finanzierungspartnern verlangt, wenn du auf der Suche nach einer passenden Finanzierung für dein Unternehmen bist.

Die acht wichtigsten Finanzbegriffe auf einen Blick

 

BegriffKurz erklärt
UmsatzGesamteinnahmen aus Verkäufen oder Dienstleistungen – noch ohne Kostenabzug.
BetriebsausgabenLaufende Kosten wie Material, Personal, Miete, Energie oder Versicherungen.
AbschreibungenJährlicher Wertverlust langlebiger Anschaffungen, der über mehrere Jahre verteilt wird.
BetriebsgewinnErgebnis des Kerngeschäfts: Umsatz minus Betriebsausgaben (ohne Zinsen und Steuern).
BetriebskapitalbedarfKapital, das du benötigst, um laufende Ausgaben zu decken, bis Kunden zahlen.
CashflowTatsächliche Geldbewegung auf deinem Konto – unabhängig vom buchhalterischen Gewinn.
ForderungenOffene Kundenrechnungen, die noch nicht bezahlt wurden.
VerbindlichkeitenZahlungsverpflichtungen wie Lieferantenrechnungen, Kredite oder Steuern.

 

Wann solltest du eine Finanzprognose erstellen?

Die Finanzprognose ist fester Bestandteil deines Businessplans. Sie folgt auf deine Marktforschung, da sie direkt auf deren Ergebnissen aufbaut.

In der Regel erstellst du sie in der Phase, in der du nach einer ersten Finanzierung suchst oder mit potenziellen Investoren in Kontakt trittst. Mit anderen Worten: Sie entsteht vor der Unternehmensgründung – und basiert ausschließlich auf Prognosen, nicht auf realen Umsätzen. Das macht sie so anspruchsvoll!

Wer sollte eine Finanzprognose erstellen?

Auch wenn Unternehmer gesetzlich nicht verpflichtet sind, eine Finanzprognose zu erstellen, ist sie in der Praxis ein zentraler Schritt.

Sie wird benötigt, wenn du einen Kredit beantragst, an einem Gründungswettbewerb teilnimmst oder Fördermittel beantragst. Für viele angehende Unternehmer ist das Standard.

✏️ Eine Finanzprognose ist nicht nur ein notwendiges Dokument für Dritte, sondern auch ein wichtiges Instrument für dich selbst: Sie hilft dir, die Rentabilität deines Vorhabens zu prüfen und deinen Geschäftsplan solide und realistisch aufzubauen.

Wozu dient eine Finanzprognose?

 

 Der Hauptzweck: Sie zeigt Banken, Investoren oder potenziellen Partnern, dass dein Unternehmen über einen Zeitraum von drei Jahren wirtschaftlich tragfähig sein kann.

 

 Auch für dich selbst ist sie wertvoll. Sie verschafft dir Klarheit über die Zukunft deines Projekts und zeigt dir, ob dein Geschäftsmodell realistische Gewinnchancen hat. Und falls die Zahlen nicht aufgehen, hast du die Chance, deinen Plan anzupassen bevor du Zeit und Geld investierst.

 

Zudem hilft die Prognose, den Überblick zu behalten und langfristig zu planen. Sobald dein Unternehmen läuft, kannst du deine ursprüngliche Finanzplanung als Vergleich heranziehen, deine Ergebnisse prüfen und deine Strategie bei Bedarf anpassen.

💡 Tipp: Einer der häufigsten Fehler ist übermäßiger Optimismus. Bleib realistisch plane lieber etwas konservativer und rechne mit einer Sicherheitsmarge, falls die Dinge nicht wie erwartet verlaufen.

Was gehört in eine Finanzprognose?

Die genauen Bestandteile hängen von deiner Tätigkeit ab, doch im Kern besteht jede Finanzprognose aus vier Tabellen und einem zentralen Finanzkennwert.

1. Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)

Diese Tabelle beantwortet die wichtigste Frage: Wird mein Unternehmen profitabel sein?“

Die Gewinn- und Verlustrechnung zeigt die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben über die ersten drei Jahre deines Unternehmens.

Kurz gesagt: Bleibt nach allen Kosten ein Gewinn oder entsteht ein Verlust?

1) Umsatz schätzen

Wenn dein Unternehmen noch nicht existiert, stützt du dich auf:

  • deine Marktforschung

  • Branchendaten und Wettbewerbsanalysen

  • eigene Berufserfahrung 

  • bereits geschlossene Verträge oder Vorbestellungen

2) Kosten abziehen

Zieh nun deine Ausgaben vom Umsatz ab. Dazu zählen:

 

  • Variable Kosten: Sie entstehen nur, wenn du etwas produzierst oder verkaufst. Dazu gehören z. B. Rohstoffe oder Verpackungen.

  • Fixkosten: Sie fallen unabhängig vom Umsatz an. Typisch sind Miete, Versicherungen oder Software-Abos.

  • Personalkosten: Dazu zählen Gehälter und Lohnnebenkosten. Sie gehören meist zu den größten Ausgabenposten.

  • Steuern und Abgaben: Sie werden je nach Unternehmensform und Tätigkeit fällig. Dazu zählen z. B. Umsatz-, Gewerbe- oder Einkommenssteuer.

  • Finanzaufwendungen: Das sind Kosten für Kredite oder Leasing. Vor allem Zinsen können hier ins Gewicht fallen.

  • Abschreibungen: Sie verteilen die Anschaffungskosten langlebiger Güter auf mehrere Jahre. So wird der jährliche Wertverlust von Geräten, Maschinen oder Fahrzeugen berücksichtigt.

Du bist aber noch nicht fertig mit deiner GuV. In der Regel betrachtest du im nächsten Schritt deinen Gewinn in drei Stufen:

1. Betriebsgewinn

Er zeigt, wie profitabel dein Kerngeschäft ist – ohne Finanzierung und Steuern.

Berechnung: Umsatz minus Betriebsausgaben (z. B. Material, Personal, Miete).

👉 Gibt Aufschluss darüber, ob dein Geschäftsmodell an sich funktioniert.

2. Ordentlicher Gewinn

Hier ziehst du zusätzlich die Finanzaufwendungen ab, z. B. Kreditzinsen oder Leasingkosten.

👉 Zeigt, wie sich deine Finanzierungen auf das Ergebnis auswirken.

3. Nettogewinn

Zum Schluss werden die Steuern abgezogen.

👉 Das ist der Gewinn, der am Ende wirklich übrig bleibt die wichtigste Kennzahl für dich und für Finanzierungs­partner.

🛠 Beispiel:

Bob möchte einen Baumarkt eröffnen. Er kalkuliert mit einem Jahresumsatz von 120.000 € und Gesamtkosten von 90.000 €. Zu den Kosten zählen etwa Miete, Nebenkosten und Personalgehälter. 

  Sein theoretischer Gewinn: 30.000 €.

2. Der Finanzierungsplan (Startphase und die ersten 3 Jahre)

Diese Tabelle beantwortet die Frage: Wie viel Kapital benötige ich und woher kommt es?“

Sie stellt deine finanziellen Anforderungen beim Start den Mitteln gegenüber, die dir bereits zur Verfügung stehen oder die du einwerben möchtest. Wie alle Tabellen der Finanzprognose muss auch diese ausgeglichen sein.

1) Finanzierungsbedarf ermitteln

👉Beginne damit, deinen Startbedarf aufzulisten:

  • Investitionen: z. B. Fahrzeuge, Räumlichkeiten, Maschinen oder IT-Ausstattung, die du für den Start benötigst.

  • Gründungskosten: einmalige Ausgaben wie Beratungs-, Notar- oder Registrierungskosten.

  • Lagerbestand: der Vorrat, den du für den Verkaufsstart benötigst.

Vergiss nicht, auch den Betriebskapitalbedarf einzuplanen.

Er beschreibt das zusätzliche Kapital, das du benötigst, um laufende Ausgaben zu decken, bis deine Kundenzahlungen eintreffen. Damit überbrückst du die zeitliche Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen ein zentraler Bestandteil deiner Startfinanzierung.

2) Finanzierungsquellen auflisten

👉 Du solltest Folgendes auflisten:

  • Eigenkapital: eigenes Geld oder Gesellschafterdarlehen, das du in das Projekt einbringst.

  • Fremdkapital: z. B. Zuschüsse, Bankkredite oder andere Fördermittel.

 

🧁Beispiel:

Louise möchte einen Lieferdienst für Backwaren gründen. Sie muss professionelle Küchenausstattung und einen Kühlwagen finanzieren. Sie plant, ihre eigenen Ersparnisse (rund 3.000 €) für die Ausrüstung zu verwenden und einen Bankkredit für den Lieferwagen aufzunehmen.

3. Der Betriebskapitalbedarf

Der Betriebskapitalbedarf beantwortet eine entscheidende Frage:

 Habe ich genug Liquidität, um laufende Kosten zu decken, bevor meine Kunden zahlen?“

Er beschreibt das zusätzliche Geld, das du benötigst, um die Zeitspanne zwischen eigenen Ausgaben (z. B. Lieferantenrechnungen, Gehälter, Miete) und den tatsächlichen Zahlungseingängen deiner Kunden zu überbrücken. Dieses Spannungsfeld ist ganz normal fast jedes Unternehmen erlebt solche zeitlichen Unterschiede.

Vereinfachte Formel:

 Betriebskapitalbedarf = Lagerbestand + offene Forderungen kurzfristige Verbindlichkeiten

(z. B. gegenüber Lieferanten, Finanzamt oder Sozialversicherung)

👉 Wenn dieser Wert positiv ist, benötigst du zusätzliches Kapital, um den laufenden Betrieb sicherzustellen.

🧦 Beispiel:

Finn verkauft ausgefallene Socken an Einzelhändler. Er muss seine Lieferanten schon vorab bezahlen, während die Händler ihre Rechnungen oft erst Wochen später begleichen. Dadurch entsteht eine zeitliche Lücke, die Finn mit ausreichender Liquidität überbrücken muss, damit sein Geschäft reibungslos läuft.

4. Die Cashflow-Prognose

Bei der Cashflow-Prognose geht es um die zentrale Frage:

 Habe ich jederzeit genug Geld auf dem Konto, um meine laufenden Ausgaben zu bezahlen?“

Sie zeigt, ob deine Einnahmen deine Ausgaben Monat für Monat decken und ob du Überziehungen oder Engpässe vermeiden kannst. Damit ist sie eines der wichtigsten Werkzeuge für die finanzielle Steuerung eines jungen Unternehmens.

Die Cashflow-Prognose wird in Deutschland meist monatlich erstellt. Sie listet alle Ein- und Auszahlungen inklusive Mehrwertsteuer auf (Bruttobeträge sind entscheidend für die tatsächliche Liquidität). Damit sie realistisch ist, musst du die Zahlungsziele berücksichtigen:

  • Kunden zahlen oft erst nach 14 bis 30 Tagen, manchmal noch später.

  • Lieferanten haben je nach Branche sofortige Fälligkeit oder 730 Tage Zahlungsziel.

Klingt kompliziert? Wir haben in unserem Artikel zur Cashflow-Prognose alle wichtigen Informationen und eine Vorlage für dich.

⚠️ Ein ausreichender Anfangs-Cashflow also ein Startpolster auf dem Geschäftskonto ist entscheidend, um typische Gründungsmonate zu überstehen.

Wenn deine Planung regelmäßige Engpässe zeigt, solltest du prüfen, ob du mehr Eigenkapital einbringen, Kosten strecken oder Zahlungsziele neu verhandeln kannst.
 

Typische Einnahmen:

  • Einlagen von dir oder von Mitgesellschaftern

  • Gesellschafterdarlehen

  • Zuschüsse oder Fördermittel

  • Kundenzahlungen

Typische Ausgaben:

  • Laufende Betriebskosten (Material, Software, Marketing usw.)

  • Fixkosten wie Miete, Energie, Versicherungen

  • Investitionen in Ausstattung oder Maschinen

  • Kredit- und Leasingraten

💅 Beispiel:

Nathalie eröffnet einen Nagelsalon. Ihre Umsätze decken die laufenden Kosten, und sie legt jeden Monat etwas Geld zurück. Trotzdem plant sie eine Liquiditätsreserve von rund drei Monaten ein, um saisonale Schwankungen, unerwartete Ausgaben oder verzögerte Kundenzahlungen abzufedern.

5. Die prognostizierte Bilanz

Die prognostizierte Bilanz zeigt den finanziellen Stand deines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt: Was besitzt du und welche Verpflichtungen hat dein Unternehmen?

👉 Sie bildet eine Momentaufnahme am Ende eines Geschäftsjahres ab. Dabei werden Vermögenswerte (Aktiva) und Verbindlichkeiten (Passiva) gegenübergestellt. Wie bei jeder Bilanz müssen beide Seiten ausgeglichen sein jeder Vermögenswert hat also eine entsprechende Finanzierungsquelle.

Vermögenswerte (Aktiva):

  • Anlagevermögen: z. B. Fahrzeuge, Maschinen, medizinische Geräte, Patente
  • Lagerbestände: Waren oder Materialien, die du noch nicht verkauft hast

  • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen: offene Kundenrechnungen

  • Liquide Mittel: Barbestände und Kontoguthaben

Verbindlichkeiten (Passiva):

  • Eigenkapital: eigenes eingebrachtes Kapital und erwirtschaftete Rücklagen
  • Kredite und Darlehen: z. B. Bankkredite oder Leasingverbindlichkeiten

  • Lieferantenverbindlichkeiten: offene Rechnungen gegenüber Lieferanten

  • Steuern und Sozialabgaben: z. B. Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Sozialversicherungsbeiträge

  • Rückstellungen: z. B. für Reparaturen, Garantien oder ausstehende Rechnungen

💆🏼 Beispiel:

Kevin arbeitet als Osteopath. Die Massagegeräte, die er für seine Praxis gekauft hat, erscheinen in der Bilanz auf der Aktivseite als Anlagevermögen. Der Kredit, mit dem er diese Anschaffungen finanziert hat, steht auf der Passivseite. Beide Werte gleichen sich aus die Bilanz ist damit im Gleichgewicht.

Wie erstellt man eine Finanzprognose?

Wie du siehst, erfordert eine aussagekräftige Finanzprognose fundierte Kenntnisse, Zeit und einen sicheren Umgang mit Tabellenkalkulationen wie Excel.

Das ist nichts, was jede Gründerin oder jeder Gründer ohne Erfahrung einfach nebenbei bewältigen kann. Grundsätzlich hast du drei Möglichkeiten:

1. Excel-Vorlagen

Dies ist die günstigste und einfachste Lösung: Du lädst eine Vorlage herunter und trägst deine Zahlen ein. Achte jedoch unbedingt auf die Qualität manche Vorlagen enthalten Formelfehler, passen nicht zur deutschen Gesetzgebung (z. B. Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) oder sind zu allgemein für dein Geschäftsmodell.

2. Prognose-Software

Spezialisierte Tools übernehmen die Berechnungen automatisch und führen dich Schritt für Schritt durch die Eingaben. Sie sind intuitiver als Excel und reduzieren Fehler, bieten aber weniger Flexibilität, wenn dein Geschäftsmodell komplexer ist oder du individuelle Annahmen treffen möchtest. Für viele Gründerinnen und Gründer ist das dennoch eine sehr praktische Lösung.

3. Unterstützung durch einen Wirtschaftsprüfer

Das ist die umfangreichste und auch kostenintensivste Variante. Ein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater erstellt eine vollständige, prüffähige Finanzprognose nach deutschem Standard, berücksichtigt steuerliche Besonderheiten und hilft dir bei der Interpretation der Ergebnisse. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn du Finanzierungen beantragst oder dein Geschäftsmodell komplex ist.

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